Mit mehr als 1.400 Studierenden aus über 120 Ländern sowie zahlreichen Spitzenplätzen in internationalen Rankings ist die nordbremische Jacobs University eine Bereicherung für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bremen.
Für Bremen-Nord ist die Universität eine der wenigen großen Arbeitgeber und ein "Leuchtturm" für die Region. Nach entsprechenden Parteitagsbeschlüssen "pro Jacobs University" wird nun in der Bremischen Bürgerschaft ein Antrag der CDU-Fraktion debattiert, in welchem die langfristige Sicherung der Jacobs University im Mittelpunkt steht. Der Antrag lautet "Krise als Chance nutzen, ein Zukunftskonzept für die Jacobs University Bremen gemeinsam entwickeln!"
Der Antrag im Wortlaut:
Krise als Chance nutzen, ein Zukunftskonzept für die Jacobs University Bremen gemeinsam entwickeln! Beinahe zwanzig Jahre nach ihrer Gründung steht die Jacobs University am Standort Bremen-Grohn vor neuen Herausforderungen. Zum einen stellt die Corona-Pandemie die international ausgerichtete Jacobs University Bremen (JUB) mit ihren Studierenden aus mehr als 120 Ländern vor die gewaltige Aufgabe, ausländische Studierende für dieses Sommersemester und das kommende Wintersemester zu gewinnen. Zum anderen ist mit der Aufkündigung des trilateralen Vertrages und dem Rückzug der Jacobs Foundation aus der Finanzierung noch in diesem Jahr, die mittel- und langfristige Zukunft der JUB ungewiss. In dieser schwierigen Situation für die JUB muss der Senat seine rein ideologisch begründete Zurückhaltung gegenüber der Jacobs University ablegen und die Krise auch als Chance begreifen – nicht nur für die JUB, sondern auch für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bremen. In der jetzigen Krisensituation muss der Senat sein Augenmerk auf den langfristigen Erhalt der JUB richten und einen solchen Prozess zukunftsgerichtet und aktiv begleiten und nicht nur kurzfristig auf die Liquiditätssicherung achten. Aus wissenschafts- und wirtschaftspolitischer Perspektive ist diese „Kurzsichtigkeit“ des Senats falsch. Die JUB ist nicht nur eine Bereicherung für die bremische Wissenschaftslandschaft, sondern auch ein starker Wirtschaftsfaktor insbesondere für Bremen-Nord. In der strukturell benachteiligten Region Bremen-Nord gibt es nur 19 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze pro 100 Einwohner, während es im übrigen Stadtgebiet die dreifache Menge an Arbeitsplätzen gibt. Die JUB trägt zum internationalen Renommee und zu qualitativ hochwertiger Forschung am Wissenschaftsstandort Bremen bei. Zuletzt im Juni erhielt die private Universität im unabhängigen U-Multirank der EU-Kommission hervorragende Werte in vielen Kategorien. Nicht zuletzt stellt die Ansiedlung der JUB auf dem ehemaligen Kasernengelände in Bremen-Grohn ein erfolgreiches Konversionsprojekt dar. Angesichts dieses Beitrages der Universität zum Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bremen muss der Senat deshalb dringend handeln und zusammen mit der JUB eine tragfähige und sichere Zukunftsperspektive für mehr als 1500 Studierende und 434 Beschäftigte entwickeln. Bremen hat in den vergangenen zwanzig Jahren mehr als 150 Mio. Euro in den Standort und die JUB investiert und übernahm 2018 Kredite der JUB in Höhe von insgesamt 45,9 Mio. Euro. Diese Investitionen gilt es dauerhaft zu erhalten. Es muss zügig damit begonnen werden, ein Konzept für den dauerhaften Erhalt der JUB, gemeinsam mit neuen Partnern oder auch mit anderen Akteuren des Landes zu erarbeiten. Dabei ist es wichtig, an Kooperationsmodelle, wie etwa auch eine ÖffentlichPrivate Partnerschaft mit der Universität Bremen zu denken, von denen alle Seiten profitieren würden. Nicht zuletzt ist an die hervorragende Aufstellung der JUB im Bereich der Digitalisierung sowie auch die für die Universität Bremen interessanten Studien- und Forschungsschwerpunkte zu denken. Mögliche Synergien könnten z.B. bei der Vorbereitung der Bewerbung der Universität Bremen für die Exzellenzstrategie entstehen. Mit seiner zögerlichen Haltung hat der Senat der Universität bereits fast alle Chancen genommen, sich den Exzellenzstatus erfolgreich zurückzuerobern. Durch eine Kräftebündelung beider Universitäten und gemeinsame innovative Ideen könnte die erneute Bewerbung aber gelingen. Nicht zuletzt können wissenschaftliche Kapazitäten und bereits bestehende Lehrangebote in natur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen an der JUB dazu genutzt werden, ein Medizinstudium im Land Bremen im Einklang mit den Vorgaben und Zielsetzungen des „Masterplans Medizinstudium 2020“ einzurichten. Bereits im Januar 2019 wurde im Rahmen der Gesundheitsdeputation und des Wissenschaftsausschusses eine entsprechende Konzeptstudie der JUB und der GENO mit dem Ziel einer ÖffentlichPrivaten Partnerschaft vorgestellt, die der Senat mit dem Verweis auf die Kosten unter den Tisch fallen ließ. Der Konzeptstudie nach könnte eine vorklinische Ausbildung an der JUB schnell gestartet werden: Von den für eine vorklinische Medizinausbildung benötigten Personalkapazitäten in Höhe von 36 Stellen stehen bereits 33 Stellen innerhalb der JUB und der GENO zur Verfügung. Gerade aber die Corona-Pandemie führt uns allen vor Augen, wie wichtig und systemrelevant eine funktionierende medizinische Versorgung ist. Bremen ist das einzige Bundesland in Deutschland, das keine medizinische Fakultät an der Universität hat. Angesichts des zukünftig drohenden Ärztemangels muss der Senat rechtzeitig die Weichen stellen und auch die Option der Einrichtung eines Medizinvollstudiums im Konsortium aus der GENO, der JUB und der Universität Bremen sowie ggf. anderen Partnern und Akteuren prüfen. Schließlich müssen der Senat und die JUB neue Opportunitätsfenster auf Bundesebene bei der Entwicklung eines Zukunftskonzeptes für den Erhalt der JUB mitbedenken. Im September 2020 machte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im Rahmen des Konzeptes „Klima schützen und Wirtschaft stärken“ den Vorstoß, eine internationale „Klima-Universität“ in Deutschland aufzubauen. Die JUB hätte mit ihren Studien- und Forschungsschwerpunkten auf Klima- und Umweltwissenschaften sowie der internationalen Ausrichtung deutliche Stärken und Potenziale, zum Standort einer solchen Universität zu werden. Der Senat muss jetzt auf Bundesebene aktiv werden und für Potenziale der JUB und der beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven als möglicher Standorte für die Klimauniversität werben. Vor diesem Hintergrund möge die Bremische Bürgerschaft (Landtag) beschließen:
1. Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) bekennt sich zur Jacobs University Bremen und deren langfristigen Erhalt angesichts der zahlreichen positiven Effekte für den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bremen.
2. Die Bremische Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf,
a) ein Zukunftskonzept für den langfristigen Erhalt der Jacobs University Bremen gemeinsam mit möglichen neuen Partnern und auch mit anderen bremischen Wissenschaftsakteuren innerhalb eines Jahres nach der Beschlussfassung zu erarbeiten,
b) zusammen mit der Universität Bremen und der Jacobs University Bremen zeitnah zu prüfen, inwiefern ein gemeinsamer Antrag auf die Exzellenzstrategie des Bundes im Sinne des Exzellenzverbundes oder einer Kooperationspartnerschaft gestellt werden kann, welche finanzielle Konsequenzen ein gemeinsamer Antrag für das Land Bremen hat,
und bei Bedarf entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen,
c) sich auf Bundesebene für die Einrichtung einer internationalen „KlimaUniversität“ im Land Bremen einzusetzen und die Jacobs University Bremen und ggf. andere mögliche Akteure mit allen möglichen Mitteln bei der Bewerbung zu unterstützen,
d) in enger Abstimmung mit der Jacobs University Bremen, der Universität Bremen und dem Klinikverbund Gesundheit Nord sowie anderen relevanten Partnern eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, die die Einrichtung eines Medizinvollstudiums im Land Bremen unter den Aspekten der notwendigen Personal- und Sachkostenbedarfe, der notwendigen Investitionen, der Wirtschaftlichkeit sowie der Finanzierbarkeit prüft,
e) innerhalb eines Jahres nach der Beschlussfassung der staatlichen Deputation für Wirtschaft und Arbeit sowie dem Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit über den Stand der Erarbeitung des Zukunftskonzeptes zu berichten, f) nach dem Abschluss der Machbarkeitsstudie zur Einrichtung eines Medizinvollstudiums die Ergebnisse sowie eine Bewertung der Studie der Bürgerschaft sowie allen relevanten Akteuren aus Wissenschaft, Gesundheit und Wirtschaft zur gemeinsamen Beratung vorzulegen.
Susanne Grobien, Rainer Bensch, Thomas Röwekamp und Fraktion der CDU